Diversität am Arbeitsplatz So verhalten sich Unternehmen gendergerecht

Spätestens im Dezember 2018 sind wir alle mit dem Thema Gender in Berührung gekommen. Damals beschloss der Bundestag, dass es neben dem männlichen und weiblichen Geschlecht eine dritte Variante geben soll. Doch was bedeutet das für Unternehmen?

Männlich, weiblich und seit Ende 2018 auch „divers“: Diese Bezeichnung sorgt für Diskussionsstoff und in der Handhabung manchmal auch für Unsicherheit. Gerade Unternehmen müssen für einen gendergerechten Umgang mit den Mitarbeitern sensibilisiert werden, aber wie genau kann ein Unternehmen gendergerecht handeln? Wir haben uns das Ganze ein wenig genauer angesehen und versorgen dich in diesem Beitrag mit allen wichtigen Informationen.

Was bedeutet „Gender“ eigentlich?

Das englische Wort Gender heißt übersetzt „soziales Geschlecht“ und hat nichts mit dem biologischen Geschlecht zu tun. Es ist ein Begriff aus dem Bereich der Sozialwissenschaften, der übrigens bereits Ende des 20. Jahrhunderts aufkam. Er bezieht sich auf die Geschlechtswahrnehmung, die eine Person hat. Konkret kann sich diese Wahrnehmung unter anderem auf die Gesamtwahrnehmung des Selbst, das Rollenverhalten auch das Selbstwertgefühl auswirken. In der deutschen Sprachen gibt es kein Äquivalent zu dem Wort „Gender“, weshalb es einfach aus dem Englischen übernommen wurde. Auf Englisch wird das biologische Geschlecht übrigens als „sex“ bezeichnet.

Die Unterscheidung der Begriffe transgender, intersexuell und divers ist oftmals gar nicht so einfach.
Transgender, divers, intersexuell: Kennst du den Unterschied? © Shutterstock, HBRH

Diese Begriffe solltest du kennen

„Unbestimmt“, „divers“, „intersexuell“: Im Zusammenhang mit dem Thema Gender gibt es einige Begriffe, die immer wieder vorkommen. Deren Unterscheidung ist gar nicht so einfach, da sie nur graduell voneinander abweichen. Sowohl wissenschaftlich als auch gesellschaftlich wird aktuell debattiert, wie eine korrekte Differenzierung aussehen könnte.

  1. Diversität
    Mit der Einführung des Begriffs „divers“ sollte die Möglichkeit geschaffen werden, auch formell Menschen anzusprechen, die biologisch weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugeordnet werden können oder dies nicht möchten.
  2. Intersexualität
    Das Präfix „inter“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „zwischen“. Von Intersexualität spricht man, wenn bei einem Menschen sowohl Merkmale des weiblichen als auch des männlichen Geschlechts vorhanden sind. Diese geschlechtliche Mischung macht sich in den Chromosomen, der Hormonproduktion, den Keimdrüsen und folglich auch dem Erscheinungsbild bemerkbar. In Deutschland kommen pro Jahr etwa 150 intersexuelle Kinder zur Welt. Dabei wird in Wissenschaftskreisen inzwischen von etwa 60 unterschiedlichen Ausbildungen der Intersexualität ausgegangen.

    Für intersexuelle Menschen wird zum Teil die Bezeichnung „Drittes Geschlecht“ verwendet. Einige Betroffene ziehen den Begriff „unbestimmt“ vor. Dieser orientiert sich an der englischen Bezeichnung „non-specific“. Dieser Ausdruck wurde bereits im Jahr 2014 von Australiens Oberstem Gericht eingeführt.
  3. Transgender
    Transgender ist nicht dasselbe wie Intersexualität: Im Gegensatz zu intersexuellen Menschen gehören transsexuelle Menschen biologisch eindeutig einem Geschlecht an. „Trans“ kommt aus dem lateinischen und bedeutet übersetzt „darüber hinaus“ oder „jenseits von“. Diese Vorsilbe bezieht sich darauf, dass sich transsexuelle Menschen nicht mit ihrem biologischen Geschlecht identifizieren können und das Gefühl haben, im falschen Körper geboren worden zu sein.

Was ist das Ziel von gendergerechter Sprache?

Die Sensibilisierung für eine gendergerechtere Sprache hat zum Ziel, keine Personengruppen auszuschließen. Schließlich spiegelt die Sprache unsere Gesellschaft wider und ist ein Barometer für die geltenden Normen und Werte. Zu der gendergerechten Sprache gehört auch, das sogenannte generische Maskulinum zu vermeiden. Damit ist gemeint, dass meist nur eine männliche Personengruppe genannt und die Frauen somit außen vor gelassen werden. Das wollen wir uns einmal etwas genauer ansehen.

Mit einem gendergerechten Sprachgebrauch wird niemand ausgeschlossen. © Shutterstock, Rawpixel.com
Unternehmen sollten für gendergerechte Sprache sensibilisiert werden. © Shutterstock, Rawpixel.com

Welche Auswirkungen hat gendergerechte Sprache auf die Anrede?

Fangen wir doch einmal mit dem generischen Maskulinum an. Ist dir auch schon einmal aufgefallen, dass die Rede in den meisten Fällen von „den Autofahrern, den Chefs oder auch den Politikern“ ist? Bei den meisten Berufsgruppen wird ausschließlich die maskuline Form verwendet. Psycholinguistische Untersuchungen haben bestätigt, dass wir bei den generisch maskulinen Bezeichnungen eben nicht an gemischte Personen- sondern ausschließlich männliche Gruppen denken. Wie wir an diesem Beispiel sehen, kann Sprache einen großen Einfluss haben. Unsere Art uns auszudrücken beeinflusst unsere Vorstellung von etwas und andersherum.

Um Stereotypen entgegenzuwirken und Frauen nicht zu diskriminieren, findet man vielerorts nun die Anrede: „Liebe Leserinnen und Leser“ oder „An die Patientinnen und Patienten dieser Praxis“. Aus „Studenten“ werden „Studierende“ und aus den „Lehrern“ die „Lehrkräfte“. Übrigens: Obwohl eine gendergerechte Sprache in Unternehmen immer mehr zum Thema wird, plädiert der Gesetzgeber dafür, dass das generische Maskulinum bei Gesetzestexten, amtlichen Schreiben und anderen offiziellen Dokumenten ausreichend und gendergerecht ist.

Und wie sieht es mit der Ansprache von inter- oder transsexuellen Menschen aus? Bei der Frage nach der richtigen Anrede, sei es persönlich oder schriftlich, wird es schon etwas schwieriger. Wenn du weißt, dass ein neuer Kollege oder eine Kollegin sich zu keinem Geschlecht richtig zugehörig fühlt, ist es vielleicht am besten, wenn du direkt fragst, welche Ansprache er oder sie bevorzugt.

Neben dem weiblichen und männlichen Geschlecht gibt es seit Ende 2018 auch noch eine dritte Variante. © Shutterstock, nito
Ein „X“ für die freie Wahl: Bei einer Stellenanzeige soll sich jeder angesprochen fühlen. © Shutterstock, nito

Was ist eine gendergerechte Stellenanzeige?

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz besagt, dass kein Bewerber aufgrund seines Geschlechtes eine Benachteiligung erfahren darf. Das heißt für die Personaler konkret Folgendes: Seit Dezember 2018 genügt es nicht mehr, nach einer „Vollzeitkraft im Einzelhandel (m/w)“ zu suchen. Vielmehr muss den Kürzeln für „männlich“ und „weiblich“ auch noch ein „divers“, kurz „d“ hinzugefügt werden. In einigen Fällen werden auch die Buchstaben „i“ für intersexuell oder „x“ verwendet, mit dem alle Optionen offengelassen und den Adressierten überlassen werden. Neben der Verwendung dieser Kürzel in der Stellenanzeige, muss als gendergerechtes Unternehmen in Bewerbungsportalen auf die korrekte Ansprache geachtet werden. Außerdem kann es sein, dass ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin den Vornamen in der Personaldatenbank des neuen Arbeitgebers geändert haben möchte. Alles in allem sind dies jedoch Änderungen, die IT-technisch schnell und unkompliziert umgesetzt werden können.

Muss es Sanitäreinrichtungen für das dritte Geschlecht geben?

Der Umgang mit dem WC- und Sanitärbereich ist in der technischen Regel für Arbeitsstätten ASR A4.1 festgehalten und beschränkt sich zur Zeit noch auf die Unterscheidung zwischen dem männlichen und weiblichen Geschlecht. Daraus resultiert, dass auf Seiten des Arbeitgebers zumindest aktuell noch keine Verpflichtung besteht, Toiletten, Duschräume oder Umkleideräume für inter- oder transsexuelle Mitarbeiter bereitzustellen.

Generell gilt, dass Sanitär,- WC- und Umkleideräume bis zu einer Anzahl von 9 Mitarbeitern nicht nach Geschlechtern getrennt werden müssen. Dafür muss allerdings sichergestellt sein, dass die Toiletten nicht gleichzeitig genutzt werden. Ab 10 Beschäftigten im Betrieb muss es allerdings nach Geschlechtern getrennte Toiletten geben.

Auch wenn ein eigener Sanitärbereich für das dritte Geschlecht noch nicht verpflichtend ist, kann bei den Toiletten hinter der Bezeichnung „m“ oder „w“ ein „d“ ergänzt werden. Dies rät die Handwerkskammer Köln, um dem Verdacht der Diskriminierung zu entgehen.

Eine Möglichkeit wäre es, die Beschilderung der Sanitäranlagen anzupassen. © Shutterstock, ciud
Wird es bald eine gesonderte Toilette für das dritte Geschlecht geben? © Shutterstock, ciud

Die rechtlichen Auswirkungen bei Arbeitnehmervertreter-Wahlen

Wenn es um die Wahl des Betriebs- oder Personalrates geht, greift der Paragraph 15 des Betriebsverfassungsgesetzes. Dieser besagt Folgendes: „Das Geschlecht, das in der Belegschaft in der Minderheit ist, muss mindestens entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein, wenn dieser aus mindestens drei Mitgliedern besteht.“ Wenn es in einem Betrieb intersexuelle Kollegen oder Kolleginnen gibt, die in der Minderheit sind, könnte es bei einer betrieblichen Wahl also zu rechtlichen Auswirkungen kommen.

Unser Fazit: Offen sein und Feingefühl zeigen!

Wenn man den Zusatz „divers“ einmal außer Acht lässt, gibt es für Arbeitgeber keine wirklichen Handlungsanweisungen für einen gendergerechten Umgang innerhalb des Unternehmens. Wir finden, dass sich trotzdem jedes Unternehmen mit dem Thema Diversität auseinandersetzen und ein angenehmes Arbeitsumfeld schaffen sollte, in dem sich alle Mitarbeiter wohlfühlen und gleich behandelt werden.

Selbstverständlich arbeiten auch wir von mega3 in unseren Stellenanzeigen mit dem (m/w/d)-Kürzel. Außerdem verwenden wir in unseren Fließtexten ein *Gendersternchen und erläutern dieses – zusätzlich zu den rechtlich notwendigen Informationen – mit unserer Ansicht und Haltung zu dem Thema *weiblich/männlich/divers. Für uns zählt alleine der Mensch und nicht das Geschlecht. Wir setzen auf Vielfalt, lehnen Diskriminierung ab und sprechen uns gegen eine Kategorisierung nach Geschlecht, ethnischer Herkunft, Religion, Behinderung, Alter oder sexueller Identität aus.

Beitragsbild: © Shutterstock, Miriam Doerr Martin Frommherz


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