Vorsicht ist besser als Nachsicht Dekubitusprophylaxe

Ein Dekubitus kann zu schwerwiegenden gesundheitlich Problemen führen. Wir zeigen Dir, wie sich eine Dekubitusprophylaxe durchführen lässt.

Besonders bei älteren Menschen ist das Dekubitus-Risiko erhöht.

Die Prävention- und die frühzeitige Erkennung von Erkrankungen sollte immer ein Kernelement im Gesundheitswesen darstellen. Da ein Dekubitus (auch Druckgeschwür genannt) in einem fortgeschrittenen Stadium schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben kann und häufig auch andere Krankheiten nach sich ziehen kann, ist eine gründliche Dekubitusprophylaxe sehr wichtig.

Ein Dekubitus wird unterschiedlich genannt: Dekubitalgeschwür, Druckgeschwür, Durchliegegeschwür oder Wundliegen – alle Bezeichnungen beschreiben den sogenannten Dekubitus und die damit verbundene Schädigung von Gewebe. Dabei wird die Haut und das darunter liegende Gewebe durch langanhaltenden Druck an einer oder mehreren Körperstellen geschädigt. Das Problem bei einem Dekubitus ist, dass nur mit gezieltem Expertenwissen aus der Pflege, einer genauen Beobachtung, Prophylaxe und frühzeitiger Intervention ein solcher Dekubitus vermieden werden kann.

Dekubitusprophylaxe: Definition

Wie kann man einem Dekubitus vorbeugen? Und welche Maßnahmen eignen sich für eine Prophylaxe? Bei einer Prophylaxe handelt es sich per Definition immer um Maßnahmen, die eine Beeinträchtigung der Gesundheit durch Risikofaktoren, Krankheiten oder Unfälle verhindern sollen. Bei einem Dekubitus ist das Fundament einer solchen Prophylaxe die vorausschauende Beobachtung und Einschätzung der Risikofaktoren. Hier gilt das Sprichwort: „Vorsicht ist besser als Nachsicht“. Es sollte also frühzeitig geschaut werden, ob Risikofaktoren vorliegen und sich eventuell ein Dekubitus bereits entwickelt.

Dekubitus: Ursache

Ein Dekubitus tritt meist durch eine langanhaltende oder dauerhafte Druckbelastung auf einzelne Körperregionen statt. Liegt also eine erkrankte Person lange auf mehreren oder auch nur einer einzelnen Körperregion, steigt der sogenannte Kapillardruck in den Hautgefäßen. Damit dieser Druck in den Gefäßen ansteigt, reicht bereits das eigene Körpergewicht aus. Beim steigenden Druck tritt eine Übersäuerung im Gewebe auf. Als Folge davon stirbt das betroffene Hautgewebe ab und die Nervenzellen der Haut und des Gewebes erleiden eine langfristige Schädigung. Bei einem gesunden Menschen könnte dies kaum passieren und ein Dekubitus somit nicht auftreten, da bereits bei dem steigenden Kapillardruck in den Hautgefäßen ein Reflex entstehen würde. Durch diesen Reflex würde sich ein gesunder Mensch direkt umpositionieren. Somit wären die Hautbereiche dann schnell wieder entlastet.

Wie lässt sich ein Dekubitus vermeiden?

Da ein Dekubitus als Folge eines zu hohen Drucks und einer Übersäuerung entsteht, ist die wichtigste Prophylaxe die Bewegungsförderung, Mobilisation und eine ausreichende Sauerstoffversorgung von Haut und Gewebe der erkrankten Person. Nur durch die gezielte Positionierung, Bewegungsförderung und Mobilisation, kann die gewünschte Belastung und Entlastung von Haut und Gewebe erreicht werden. Das heißt, dass die Bewegung und Mobilisation des Patienten immer an erster Stelle stehen sollte. Dadurch kann dann langfristig verhindert werden, dass auf eine Haut- und Gewebepartie zu viel Druck ausgeübt wird und sich ein Dekubitus entwickelt.

Expertenstandard: Dekubitusprophylaxe in der Pflege

Da die Dekubitusprophylaxe bei alten und/oder schwer erkrankten Patienten eine solch hohe Wichtigkeit besitzt, hat das Deutsche Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) im Jahr 2004 erstmals einen „Expertenstandard zur Dekubitusprophylaxe“ herausgegeben. Inzwischen liegt hierzu eine zweite aktualisierte Fassung aus 2017 vor, welche nach den neuesten wissenschaftlichen Standards überarbeitet und aktualisiert worden ist.

Warum ein Expertenstandard zur Dekubitusprophylaxe?

Leider ist ein Dekubitus in vielen Fällen auf Fehler in der pflegerischen Versorgung zurückzuführen. Hinter diesen Pflegefehlern stehen allerdings nicht unbedingt einzelne Gesundheits- und Krankenpfleger (Link), sondern meist das gesamte System oder die Organisation in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen. Wichtig an dieser Stelle ist die ausreichende Aufklärung bei der Betreuung und Pflege von Dekubitus-gefährdeten Patienten – denn mit gezielten Maßnahmen in der Pflege und dem Einsatz von geeigneten Hilfsmitteln, kann ein Dekubitus in vielen Fällen sogar grundsätzlich verhindert werden.

Sinn und Zweck des Expertenstandards ist es, einen Beitrag zur Qualitätssicherung und Qualitätsweiterentwicklung bei der Vermeidung eines Dekubitus zu leisten. Die Inhalte richten sich in erster Linie an professionelle Pflegefachkräfte in Krankenhäusern, Pflegeheimen sowie an ambulante Pflegedienste.

Dekubitusprophylaxe: Maßnahmen und Ziele

Der Expertenstandard zur Dekubitusprophylaxe zeigt eine umfassende Bandbreite an Maßnahmen und Zielen an, die die professionellen Pflegefachkräfte erfüllen müssen. Pflegende Angehörige dürfen von den Profis Anleitung und Schulung zu folgenden Aspekten erwarten oder gezielt danach fragen:

  • Wie werden Eigenbewegungen des Betroffenen ermöglicht?
  • Wie wird eine Hautkontrolle durchgeführt?
  • Wie funktioniert eine Druckentlastung und -verteilung?
  • Wie werden Hilfsmittel richtig eingesetzt?

Die Dekubitusprophylaxe und der Patientenwille

Wie bereits beschrieben, ist das oberste Ziel einer Dekubitusprophylaxe, die Entstehung eines Dekubitus rechtzeitig zu verhindern. Dennoch empfiehlt der Expertenstandard zur Dekubitusprophylaxe, den Willen des Betroffenen zu respektieren. Lehnt ein Patient also die prophylaktischen Maßnahmen ab, weil sie ihm zu unbequem sind oder ihm Schmerzen bereiten, dann muss diese Ablehnung auch akzeptiert werden.

Dies kann zum Beispiel bei einem sterbenden Mensch der Fall sein – und dann darf die Prophylaxe auch entfallen, weil sie dann einer guten (in diesem Beispiel schmerzfreien) Palliativpflege widersprechen würde.

Ziele der Dekubitusprophylaxe

Ansonsten gelten unter anderem folgende Ziele bei jeder Dekubitusprophylaxe:

  • Risikofaktoren erkennen, ausschalten oder vermindern
  • Dekubitus durch eine individuelle Prophylaxe vorbeugen
  • Haut beobachten und Hautschäden vermeiden
  • Förderung der Eigenbewegung (Mobilisation) des Betroffenen

Maßnahmen zur Dekubitusprophylaxe

Um die Ziele zu erreichen, sind folgende Maßnahmen zur Dekubitusprophylaxe nötig:

  • Tägliche Kontrolle der gesamten Haut
  • Hautreinigung stets mit adäquaten Mitteln (zum Beispiel mit pH-hautneutralen Pflegemitteln: nicht austrocknend und ohne Parfumzusätze)
  • Hautpflege bei trockener Haut mit Wasser-in-Öl-Emulsionen
  • Tragen atmungsaktiver und nicht-einschnürender Kleidung (zum Beispiel Sockenbündchen)
  • Frühzeitiger Wechsel von Inkontinenzmaterialien
  • Ausgewogene Ernährung (möglichst abwechslungsreiche Kost und ausreichende Versorgung mit Vitaminen und Nährstoffen, etc.)
  • Ausreichende Flüssigkeitsversorgung (um die Austrocknung des Körpers zu verhindern)

30-Grad & 135-Grad-Lagerung / Positionierung bei Dekubitus

Um einem Dekubitus vorzubeugen, gibt es unterschiedliche Prinzipien, wie der Betroffene zu positionieren ist. Hierbei wird weiterhin der Begriff „Lagerung“ verwendet, obwohl dieser eigentlich im Pflegejargon veraltet ist und nun eher „Positionierung“ diesen Begriff ersetzt:

  • 30-Grad-Lagerung
  • 135-Grad-Lagerung

Nach der aktuellen Forschung ist die sogenannte 30-Grad-Schräglagerung die Positionierungsmöglichkeit, die genutzt werden sollte. Sie gilt als risikoärmste Positionierungsmöglichkeit und beugt Druckschäden an anderen Körperstellen vor. Hier ist diese Positionierung dargestellt:

©pqsg – 30-Grad-Schräglagerung (https://pqsg.de/seiten/openpqsg/hintergrund-standard-135-Lagerung.htm)

Da der Betroffene dabei nahezu auf dem Rücken liegt, kommt diese Methode den meisten Personen sehr entgegen.

Eine gute Alternative zur 30-Grad-Schräglagerung ist die 135-Grad-Lagerung. Dabei handelt es sich um eine Positionierung, bei der der Patient auf dem Bauch liegt. Sie dient der Druckbefreiung im Rücken-, im Kreuzbein- und im Fersenbereich und wird nachfolgend dargestellt:

©pqsg – 135-Grad-Lagerung (https://pqsg.de/seiten/openpqsg/hintergrund-standard-135-Lagerung.htm)

Wie Häufig muss neu gelagert / positioniert werden für die Dekubitusprophylaxe?

Eine genaue Antwort darauf gibt es leider nicht, denn um die Prophylaxe eines Dekubitus zu gewährleisten, muss individuell auf den Betroffenen und die Lokalisation des Dekubitus am Körper geachtet werden und abgestimmt sein. Selbstverständlich muss auch regelmäßig ein Positionswechsel durchgeführt werden, um den Druck auf die übrigen Körperteile zu vermindern. Eine frühere Empfehlung war eine Neupositionierung in einem zweistündigen Intervall.

Doch der Expertenstandard „Dekubitusprophylaxe“ regelt das deutlich anders: Ausschlaggebend für die Häufigkeit der Positionierungsmaßnahmen ist laut Expertenstandard die individuelle Situation. So fasst dieser die Situation folgendermaßen zusammen: „Manch Betroffener muss häufiger positioniert werden, der andere weniger.“

Das Intervall hängt somit von den folgenden drei Faktoren ab:

  1. Dem individuellen Dekubitusrisiko des Betroffenen.
  2. Den therapeutischen und pflegerischen Zielen.
  3. Den individuellen Möglichkeiten und der Eigenbewegung des Betroffenen.

Hautpflege zur Dekubitusprophylaxe

Eine gesunde elastische Haut ist eine gute Vorbeugung vor einem Dekubitus. Leider tendiert die Haut dazu, im Alter spröde, dünn und trocken zu werden. Daher ist es umso wichtiger, dass bei der Hautpflege von Pflegebedürftigen einige Faktoren berücksichtigt werden:

  • Verzicht auf tägliche Ganzkörperwaschungen, wenn es nicht erforderlich ist.
  • Keine Verwendung alkalischer Seifen, die die Haut entfetten und den pH-Wert ungünstig beeinflussen.
  • Hautreinigung unter Zuhilfenahme von viel klarem Wasser und bei Bedarf pH-hautneutrale Syndets, um stärkere Verschmutzungen zu entfernen.
  • Solange es geht, sollte der Betroffene zur Toilette gehen dürfen oder geführt werden.

Lecker und gesund: Gemüse und Obst bieten eine große Vielfalt. © Shutterstock, napocska
So farbenfroh kann gesund sein. Dabei sehen diese Lebensmittel nicht nur gut aus, sie sind auch gesund. © Shutterstock, napocska

Ernährung zur Dekubitusprophylaxe

Es gibt keine wissenschaftlichen Untersuchung, welche belegt haben, dass sich ein Dekubitus durch eine bestimmt gesunde Ernährungsweise verhindern lässt. Dennoch sollte natürlich bei der Pflege einer kranken Person darauf geachtet werden, dass diese ausreichend und abwechslungsreich isst sowie ausreichend trinkt.

Eine Mangelernährung hingegen, kann zum Entstehen eines Dekubitus beitragen. Und dagegen kann als Pflegeperson einiges getan werden:

  • Reichern Sie bei Bedarf die Lieblingsspeisen mit Kalorien und Nährstoffen an. In schweren Fällen kann auch Trinknahrung zum Einsatz kommen.
  • Bewegung wirkt appetitanregend: Fördern Sie seine Mobilität (wenn möglich) durch kleine Spaziergänge.
  • Holen Sie bei Schluckstörungen (Dysphagie) professionelle Hilfe durch Logopäden oder Ergotherapeuten. Gegebenenfalls können auch Andickungsmittel eingesetzt werden.
  • Sorgen Sie dafür, dass der Betroffene genügend trinkt.
  • Achten Sie darauf, dass die Mundpflege gewissenhaft durchgeführt und der Zahnstatus regelmäßig untersucht wird (auch auf schlecht sitzende Prothesen achten).

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Quellenangaben:

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