Fluchen, Schimpfen, Pöbeln Schimpfende Kinder: pädagogischer Umgang mit Schimpfwörtern

Irgendwann kommt es bei jedem Kind: Das Schimpfen und die Kraftausdrücke. Wir zeigen Dir im folgenden Beitrag, wie ein pädagogischer Umgang mit Schimpfwörtern gelingen kann.

Eigentlich ist Schimpfen, Fluchen oder Pöbeln in unserem Wortschatz von uns Erwachsenen fest verankert. Aber sein wir mal ehrlich, wenn das Kind zum Papa, Onkel oder Erzieher „Blödmann!“ sagt oder zur Mama, Tante oder Erzieherin „Blöde Ziege!“, sind wir meist nicht so glücklich darüber. Dabei stellst auch vielleicht Du Dir zwei Fragen: Zum einen, warum wird man eigentlich vom Kind beschimpft? Und zum anderen, stellst Du Dir vielleicht die Frage, wie man angemessen auf das Schimpfen von Kindern reagiert. Im Folgenden wollen wir diese zwei Frage (und noch viel mehr) beantworten und Dir den pädagogischen Umgang mit Schimpfwörtern zeigen.

Ganz wichtig aber schon mal vorab: Das Schimpfen bei Kindern ist ein ganz normaler Teil des Entwicklungsprozesses und gehört daher auch zum festen Bestandteil im Prozess der Sprachentwicklung. Du solltest Dir also keine übermäßigen Sorgen machen. Früher oder später entdecken alle Kinder die Schimpfwörter für sich – und probieren sie meistens mit Genuss an ihren Nächsten aus.

Warum fluchen Kinder eigentlich?

Da hat man den Salat, man sagt als Elternteil beim Autofahren immer schön fleißig Schhh…eibenkleister und versucht sich auch in frustrierenden Situationen jedes Fluchen oder Pöbeln zu verkneifen und spätestens im Kindergarten schnappen die Kinder erste Schimpfwörter und Flüche auf. Und das geschieht eigentlich bei jedem Kind – Mit zunehmendem Sozialkontakten schwindet der Einfluss der Erziehungsberechtigten sowie der üblichen Bezugspersonen und die Kinder lernen andere Kinder sowie Wertesysteme kennen. Aber auch auf der Straße, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder im Fernsehen wird geflucht, sodass es kaum vermeidbar ist, dass Kinder damit in Berührung kommen. In manchen Wohngegenden genügt bereits ein geöffnetes Fenster, um Kindern die Welt des Fluchens zu eröffnen.

Doch warum ist das so? Beziehungsweise, warum fluchen Kinder eigentlich? Und wie kann denn nun ein pädagogischer Umgang mit Schimpfwörtern erfolgen?

  1. Grund: Der Reiz des Verbotenen
    Alles Neue ist spannend und alles Verbotene ist auch irgendwie reizvoll. Das gilt natürlich besonders für Kinder. Denn Kinder wollen sich natürlich ausprobieren und sich und andere auch ein Stück weit testen: Wie reagiert mein gewohntes Umfeld auf die neuen Wörter, wie fühlt es sich an, wenn ich die aufgeschnappten Worte selbst sage? Oft wissen die Kinder gar nicht, was die Schimpfwörter bedeuten. Sie wollen Grenzen austesten bzw. sich selbst abgrenzen. Und die Reaktion ist für sie erstmal ganz neu und natürlich auch furchtbar spannend.
  2. Grund: Kreatives Schimpfen
    Das Schimpfen bei Kindern ist ein wichtiger Teil der Sprachentwicklung. Denn insbesondere das Schimpfen, Fluchen oder Pöbeln ist ein kreativer Prozess. Dieser gehört auch fest zur Sprachentwicklung dazu, auch wenn manchen Eltern das nun gar nicht wahr haben möchten. Denn wenn Kinder sich beispielsweise neue Flüche ausdenken oder bekannte Schimpfwörter miteinander kombinieren, ist dies ein Ausdruck von Kreativität und kann diese auch fördern. Dabei können sehr witzige Wortneuschöpfungen entstehen und daraus könnten dann auch Spiele entstehen. Denn die Kinder könnten die Schimpfwörter einfach mal malen. Denn sieht denn eigentlich ein „ekliger Egel“, ein „olles Käsegesicht“ oder eine „blöde Trantüte“ aus? Und könnte man diese malen und ein anderer errät sie?
  3. Grund: Kinder drücken ihre Frustration aus
    Oder ganz einfach ausgedrückt – Sie müssen einfach mal richtig dampf ablassen, wenn sie sich ärgern oder frustriert sind. Und das ist natürlich auch ganz verständlich. Denn sein wir mal ehrlich, die wenigsten Erwachsenen können von sich selbst behaupten, dass ihnen nie ein Fluch herausrutscht.

Wie reagiere ich als Erzieherin oder Erzieher auf fluchende Kinder?

Es gibt viele Möglichkeiten, sich konstruktiv mit dem Thema Fluchen und Schimpfen auseinanderzusetzen. Für Kinder ist es hilfreich und vielleicht auch ungewohnt, wenn jemand mit ihnen vernünftig über Schimpfwörter spricht und nicht sofort straft und sie zu einem Tabu-Thema macht. Denn nur dadurch kann ein pädagogischer Umgang mit Schimpfwörtern geübt werden. Es sollte also viel mehr geklärt werden, warum vom Kind geschimpft wurde und was dahinter steht. Ebenso sollte ein Gefühl für die Schimpfwörter entwickelt werden, damit die Kinder auch wirklich wissen, was diese bedeuten. Denn nur so kann ein pädagogischer Umgang mit Schimpfwörtern gelingen.

1. Die Bedeutung von Schimpfwörtern klären
Bei diesem ersten Punkt gilt der Grundsatz, dass das Reden hilft: Frag also das jeweilige Kind, warum es diesen Ausdruck gebraucht. Ist das Kind eventuell wütend, frustriert oder traurig? Fühlt es sich nicht wahrgenommen oder vielleicht abgewiesen? Das wäre die erste Frage: Die Frage nach der Intention und dem Hintergrund. Im zweiten Schritt es ist dann ganz wichtig, das Kind zu fragen, ob es weiß, was es da gerade sagt. Egal, ob es nun ein aufgeschnapptes Schimpfwort ist oder das Kind ganz genau weiß, wovon es redet, versuche dem Kind passende Alternativen zu bieten. Nur dadurch kann es verbalisieren, was es gerade denkt und fühlt. So könnte es statt einer Beleidigung beispielsweise sagen: „Ich fühle mich ausgeschlossen, weil die anderen nur unter sich spielen wollen…“ Dies könnte eine passende Alternative für das Kind sein, um sich auszudrücken.

2. Schimpfwörter sammeln und besprechen
Thematisieren Sie das Schimpfen und Fluchen in der Kindergartengruppe allgemein: Welche Schimpfwörter kennen die Kinder? Und insbesondere: warum könnte es schlimm und verletzend sein, einige Ausdrücke auszusprechen? Natürlich riskieren Sie durch ein gemeinsames Sammeln der bekannten Kraftausdrücke, dass nun alle Kinder offiziell alle schlimmen Wörter kennenlernen – aber das war entweder schon vorher der Fall oder wäre nur eine Frage der Zeit gewesen. Die Kinder haben ja auch außerhalb Kontakte, ältere Geschwister oder lernen einige Schimpfwörter in Filmen. Daher ist es gut, einen Schutzraum zu bieten, in dem diese Ausdrücke reflektiert und besprochen werden können.

3. Beleidigungen vom Schimpfen abgrenzen
Machen Sie Ihren Kindern klar, dass Schimpfen und Fluchen nicht cool ist, aber ab und zu passieren kann. Verdeutlichen Sie zudem, welche Ausdrücke okay sind und welche unter keinen Umständen. Dabei hilft oft schon die Erklärung der Bedeutung des jeweils schlimmen Wortes in Kombination mit der Frage an die Kinder, wie sie sich denn fühlen würden, wenn jemand dieses zu ihnen sagt. Nur so kann ein pädagogischer Umgang mit Schimpfwörtern gelingen.

4. Schimpfen nicht verteufeln
Generell ist Fluchen ein menschliches Bedürfnis und dient auch wie beschrieben dem Ablassen von Dampf. Daher ist es unnatürlich und unfair, Kindern etwas zu verbieten, was Erwachsene auch tun und niemandem schadet. Zweifelhafte Erziehungsmethoden wie „Scheiße sagt man nicht“ oder „Wasch dir den Mund mit Seife aus“ sind längst überholt und schon immer nicht nur unsinnig, sondern auch respektlos. Achten Sie stattdessen auf einen respektvollen Umgang ohne Diskriminierungen. Ein eher harmloser Ausbruch wie „verfluchter Mist“ verletzt in der Regel niemanden.

Die Geschichte des Fluchens

Fluchen ist sehr wahrscheinlich so alt wie die Menschheit: Die alten Ägypter meißelten ihre Flüche schon vor 5000 Jahren in Form von Hieroglyphen in Stein. Und vor Kraftausdrücken ist anscheinend niemand gefeit, wenn man an Mozarts Kanon „Leck mich im Arsch“ von 1782 denkt. Dieses Werk könnte sogar den Einsatz im Musikunterricht rechtfertigen, vielleicht auch, um dem Fluchen und Schimpfen ein wenig den Ernst zu nehmen und das Thema mit Humor anzugehen.

Auch das Deutsche Schimpfwörterlexikon von 1838 bietet eine Fülle an kreativen und eher witzigen Schimpfwörtern – und zählt in seinem Vorwort die Vorteile des Schimpfens auf. Bratwurstmaul, Pfeffernase, Eierdieb, Faulbauch, Ofenpudel und Petermännchen sind wahre Klassiker unter den Schimpfwörtern.

Das Fazit zum Fluchen – pädagogischer Umgang mit Schimpfwörtern

Schimpfwörter bei Kindern sind keine Seltenheit und zunächst einmal nichts, worum sich Eltern viele Sorgen machen sollten. Vor allem die kleineren Kinder wollen mit den aufgeschnappten Wörtern testen, welche Reaktionen sie hervorrufen können und wo die Grenzen sind. Schimpfwörter können aber auch benutzt werden, um negativen Gefühlen Ausdruck zu verleihen, da die Kinder noch nicht wissen, wie sie dies anders tun können. Es sollte jedoch eine Grenze gezogen werden, sobald die Wörter beleidigen oder verletzen sollen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt sollte, wie beschrieben, eingegriffen werden. Während harmlosere Schimpfwörter ignoriert werden können und sollten, um keine große Aufmerksamkeit zu schenken, sollten härtere oder diskriminierende Ausdrücke thematisiert und deren Bedeutung erklärt werden. Fluchen ist menschlich und Teil unserer Sprache. Unterstützen Sie also Ihre Kinder dabei, den richtigen Umgang mit Schimpfwörtern und Flüchen auszuloten, damit sie sich auch auf diesem Gebiet bestmöglich entfalten und ihren Platz finden können.

Fun-Fact zum Fluchen: Chirurgen fluchen stündlich

Fluchen geschieht unbewusst: Uns entwischt ein Fluch, bevor wir es verhindern können, denn wie Emotionen, haben Flüche ihren Platz im Hirn im limbischen System. Und da Kinder gerne erst einmal alles nachplappern und ausprobieren, halten uns fluchende Kinder vielleicht manchmal den Spiegel vor.

Chirurgen im OP fluchen einmal stündlich – und doppelt so oft bei schwierigen Vorgängen. Je höher die empfundene Belastung, umso eher und mehr fluchen wir. Selbst introvertierte, gesittete Personen greifen am Steuer plötzlich zu einem ganz anderen Vokabular, wenn ihnen jemand die Vorfahrt nimmt oder nicht schnell genug fährt.

Was ist das Gute am Fluchen?

Fluchen baut Spannung ab und hilft somit gegen Wut und Aggression. Durch Fluchen lassen wir unsere aufgestaute Wut heraus, anstatt sie in uns hineinzufressen. Das erleichtert und funktioniert super als Ventil. Studien belegen, dass sich sogar Schmerzen und Trauer fluchend besser ertragen lassen.

Dampf abzulassen ist tatsächlich gesund und beugt Magengeschwüren, Entzündungen und Bluthochdruck vor. Beim Fluchen schüttet unser Körper Adrenalin, Cortisol und auch die glücklich machenden Endorphine aus. Außerdem kann es Teamgeist, Solidarität und Motivation fördern.

Daher lautet die treffendere Frage vielleicht eher: Was ist das Schlechte am Fluchen? Natürlich gilt auch hier: Die Dosis macht das Gift. Wer jeden Tag und über jede Kleinigkeit vor sich hin flucht, ist wahrscheinlich kein entspannter, glücklicher Mensch, sondern sollte eher an seiner Wahrnehmung und Einstellung feilen. Auch diese guten Seiten des Fluchens und Schimpfens sollte beim pädagogischen Umgang mit Schimpfwörtern beachtet werden.

Gutes Fluchen, böses Fluchen

Natürlich gibt es einen gravierenden Unterschied zwischen Fluchen und Beleidigen. Wenn einem Kind oder Erwachsenen der volle Teller aus der Hand rutscht und auf den Boden fällt, ist ein „Mist!“, „Verflucht!“ oder „Scheiße!“ schnell im Affekt gesagt und tut niemandem weh.

Beleidigungen dürfen nicht toleriert werden
Menschen direkt und persönlich zu beschimpfen, darf hingegen bei niemandem toleriert werden. Dasselbe gilt für Beleidigungen. Ob sexistisch, homophob, rassistisch, antisemitisch usw. – derartige Ausbrüche sind ein absolutes No-Go im respektvollen Umgang miteinander. Sobald sie auftauchen, müssen sie besprochen, hinterfragt, erklärt und geklärt werden. Nur so kann ein pädagogischer Umgang mit Schimpfwörtern erfolgen.

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Quellen:

Beitragsbild: Photo by Carlos Magno on Unsplash

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